Mit diesen unverbindlichen „Sprechblasen“ ziehen Berater mit wichtigem Gesicht durchs Land:
„Soziale Netzwerke sind nicht mehr wegzudenken . Accounts in den sozialen Medien sind entscheidender Bestandteil im Sales Funnel. Man muss die Sprache der Zielgruppe sprechen. Social Media sind heute und in Zukunft wichtig.“
Wer nicht genauer über diese leeren Worthülsen nachdenkt, nickt zustimmend. Wer sich als Zeitungs- und Zeitschriftenverlag unkritisch und ohne die richtigen Fragen zu stellen darauf einlässt, begibt sich in Gefahr seine schärfste Konkurrenz stärker und sich selbst schwächer zu machen. Einbrechende Werbeerlöse und sinkende Auflagen dürften bei allen Verlagen brennende Themen sein. Kurioserweise helfen sie sogar selbst aktiv mit, ihre eigenen Anzeigenkunden und Abonnenten an die sozialen Medien zu verlieren.
So lautet die simple Begründung der Leser:
- Ich habe keine Zeit um Zeitung zu lesen.
- Ich lese nur noch im Internet.
Und die Botschaft der Anzeigenkunden lautet: Wir machen jetzt irgendwas mit Social Media!
„Sales Funnel“ gehört zum typischen Vertriebstheoretiker-Vokabular.
Ein „Vertriebstrichter“ ist so alt wie der Teutoburgerwald und klingt wohl nicht hipp genug. Wenn man alten Wein in neuen Schläuchen verkaufen will, braucht es einen englischen Begriff. Wer also soziale Medien zum wichtigen Bestandteil im Sales Funnel macht, „füttert“ seine schärfste Konkurrenz, macht sie attraktiv und sexy für die eigene Kundschaft. Wer meint soziale Medien zum Vertriebstrichter machen zu müssen, lädt seine Kunden ein, zügig zur Konkurrenz abzuwandern. So naiv kann niemand sein? Was für ein schlagendes Argument war nötig, um kluge Menschen auf so eine irre Idee zu bringen? Es war und ist das unschlagbare „Lemming-Argument“:
„Alle machen mit, da müssen wir auch dabei sein!“
Um aber eine auf lange Sicht kluge unternehmerische Entscheidung zu diesem Thema treffen zu können, braucht es Antworten auf mindestens zwei wichtige Fragen:
A, Warum schließen in heutigen Märkten Menschen ein Zeitungs- oder Zeitschriftenabo ab? Dazu gehört auch die negierte Variante dieser Frage: Warum lesen viele Menschen in heutigen Märkten keine Zeitung mehr?
B, Was ist Ziel und Geschäftsmodell von Facebook & Co.?
zu A:
Seit 17 Jahren bin ich bei verschiedensten Verlagen im Einsatz. Meine Trainings finden zu 90 Prozent direkt an der Verkaufsfront statt. Immer im Verkauf am Telefon, in der Standwerbung auf Messen und beim Aufbau neuer Kooperationen zur Gewinnung neuer Abonnenten oder Anzeigenkunden. Dabei habe ich folgendes gelernt:
Wissen statt vermuten
Kluge Entscheidungen kann man nur auf Basis von Wissen und nicht auf Grundlage von praxisfernen Vermutungen treffen. Das Hauptproblem bei der Gewinnung neuer Abonnenten ist die gefühlte Wahrheit sehr vieler Menschen, keine Zeit zum Lesen zu haben. Der langjährige Leser wurde Schritt für Schritt an den heutigen Abo-Preis herangeführt. Der neue Leser bekommt brutal einen Preis von 40 Euro + X serviert.
Wenn der Wunsch Vater des Gedanken ist und bleibt
Neukunden mit billigen Apps zu ködern, um sie dann irgendwann den vollen Abopreis zahlen zu lassen ist naives Wunschdenken. Wer über einen Internetzugang verfügt, bekommt auf allen Kanälen kostenloses Lesematerial in Form kostenfreier Artikel frei Haus geliefert. Wer einen RSS Reader installiert hat, kann kostenlos lesen bis der Arzt kommt. Selbst Menschen mit technischer Vollausstattung vom Smartphone bis zum Tablet sind nur mit massiven Preisnachlässen auf die ePaper Angebote der Zeitungen zu locken. Das Lesevergnügen rückt dabei deutlich in den Hintergrund. Die Kundentreue noch mehr. Viele Menschen sagen mir am Telefon oder im direkten Gespräch, dass sie schon ganztägig im Job auf einen Bildschirm starren. Das wollen sie beim Zeitunglesen nicht schon wieder tun. Es sind Genuss-Leser.
Digitale Nomaden
Online-Kunden sind digitale Nomaden. Das ist nicht nur im Zeitungsgeschäft, sondern auch im Bankgeschäft so. Findet der digitale Nomade ein vermeintlich besseres Angebot im Netz, ist er weg. Frei nach dem Motto: „Treu ist, wer dumm ist!“. Außer bei Amazon, Zalando und Co. sind Kunden im Netz kaum bereit für Dienstleistungen Geld zu zahlen. Bei scheinbar kostenlosen Dienstleistern wie WhatsApp, Instagram, Facebook usw. zahlen die Kunden ausschließlich und auf lange Sicht sehr teuer mit ihren Daten. Viele Probleme bei der Gewinnung neuer Leser und Abo-Kündigungen wären vermeidbar, wenn Verlage hausgemachte Probleme vermeiden würden. Wer seinen Kunden einen verbesserten Nutzen bietet, darf den Preis ungestraft erhöhen. Höhere Papierpreise oder der Mindestlohn für die Zusteller sind keine Argumente, die den Leser interessieren und erst recht nicht überzeugen.
Wirkungslose 0-8-15-Anzeigen
Anzeigenkunden, die keine eigene professionell arbeitende Marketingabteilung haben, sind aufgeschmissen, denn wenn die Mediengestalter der Verlage ihre 0-8-15-Anzeigen ins Spiel bringen, wird wertvolles Budget verbrannt. Der nächste Werbe-Auftrag geht dann an Facebook & Co.. Allein die wirkungslosen verlagseigenen Stellenanzeigen machen deutlich, dass in den Verlagshäusern kein aktuelles Rekrutierungs-Know-how vorhanden ist. Wie soll da ein neues Stellenportal zum „Online-Erfolg“ werden? Wer nicht verkaufen kann oder will, besticht Neukunden mit teuren Prämien. Der treue Bestandskunde bekommt die Preiserhöhung, der Neukunde teure Geschenke.
Auf den Punkt:
In unserer Gesellschaft macht sich eine unglaubliche Oberflächlichkeit breit. Die breite Masse der Bevölkerung beschäftigt sich kaum noch mit Details und Fakten. Einfach zu verdauende Botschaften werden gerne aufgenommen. Das führt zu einer ganzen Reihe gefühlter Wahrheiten. Durch alle Bevölkerungsschichten hindurch leben viele Menschen in dem Gefühl keine Zeit zu haben. Manche sind sogar regelrecht stolz darauf und meinen, dass es ihre besondere Wichtigkeit betont. Jeder Quer- und Dummkopf kann auf YouTube, Twitter usw. seinen Senf zum Weltgeschehen dazugeben. Auf Facebook & Co. verbreiten sich die skurrilsten Fake-News wie Lauffeuer. Sie finden ihren Weg in die Köpfe, Gedanken, Herzen und Handlungen der Menschen. Wer erstmal von der Existenz der Lügenpresse, Staatsmedien u.ä. überzeugt ist, kann kaum noch zurückgewonnen werden. Einer sinnvollen Argumentation und Fakten werden diese Menschen nicht mehr folgen. Sie sind verloren.
Halten wir fest: die mit Abstand größte Hürde beim Verkauf von Zeitungs- und Zeitschriftenabos ist das gefühlte Argument des Kunden: „Ich habe keine Zeit!“.
zu B: Der Social-Media-Irrweg
Mark Zuckerberg ist wohl einer der größten und reichsten Datenhändler der Welt. Seine „Datenkraken“ WhatsApp, Instagram und Facebook saugen Daten aus der ganzen Welt in seine Systeme. Diese Informationen erreichen seine Server direkt aus Kinderzimmern, aus Unternehmen, aus Schlafzimmern, aus der Politik. Kurzum aus dem kompletten Leben der Menschen, die bereit sind ihre Privatsphäre gegen ein bisschen oberflächliche „Social-Media-Aufmerksamkeit“ zu tauschen. Ich spare mir hier ausschweifende Ausführungen, wie viel Macht diese Daten Herrn Zuckerberg verleihen. Nur so viel: Hillary Clinton lehnte 2016 Zuckerbergs Angebot ab, sie beim Wahlkampf zu unterstützen.
Donald Trump nahm jenes Angebot an und wurde 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika.
Das Geschäftsmodell aller sozialen Medien ist es, soviel wie möglich über seine User herauszufinden, Informationen zu sammeln, Profile der User zu erstellen und diese umfangreichen Kenntnisse profitable zu verkaufen. Der dümmste Satz, den ahnungslose Social-Media-User immer wieder gerne von sich geben ist: „Ich habe doch nichts zu verbergen.“ Um also möglichst viele Daten und Informationen „ernten“ zu können, ist es wichtig, dass die User so viel Zeit wie möglich auf den entsprechenden Plattformen verbringen. Je mehr Zeit die Menschen auf Facebook verbringen, umso mehr Daten können gesammelt werden. Je mehr Daten Herr Zuckerberg einsammeln kann, umso reicher und mächtiger wird er. Bei TikTok ist das genauso. Hier freuen sich die Kommunisten in Peking über die freiwillig bereit gestellte Datenflut aus aller Welt. Erich Mielke wird im Fegefeuer grün vor Neid. Biete der Masse eine Möglichkeit die Gier nach ein wenig Aufmerksamkeit zu befriedigen und der Laden läuft. In ihrer Aufmerksamkeitsgeilheit übersehen die Menschen sehr leicht eine simple wirtschaftliche Gleichung:
Wenn Du für eine Dienstleistung nichts zahlst, bist Du nicht Kunde, sondern Produkt.
Auf einem meiner letzten Messetrainings vor der Pandemie kam ich am Messestand einer Tageszeitung mit einer pfiffigen jungen Frau ins Gespräch. Unsere Messe-Aktion hatte den Titel „Alles stark: Zeitung & Kaffee“. Also lud ich die junge potentielle neue Leserin auf einen Latte Macchiato ein. Sie berichtete mir davon, dass sie als Studentin keine Zeit zum Zeitunglesen hätte. Ich konterte und sagte ihr, dass wir beide eine große Gemeinsamkeit mit Bill Gates und Jeff Bezos hätten, nämlich 24 Stunden täglich. Sie erwiderte, dass Sie auch nicht so recht wisse, wohin sich ihre Zeit immer wieder verflüchtigt. Meine Antwort lautete: „Ich weiß wohin Ihre Zeit verschwindet.“. Sie war verblüfft. Ein Blick in die Einstellungen ihre iPhones schockierte sie. Unter der Rubrik „wöchentliche Bildschirmzeit“ standen 40 Stunden zu Buche. Sie hatte es fertiggebracht eine ganze Arbeitswoche in ihr Smartphone zu glotzen. Doch was hatte sie in diesen 40 Stunden so magisch an ihr Smartphone gefesselt? Der absolute Löwenanteil entfiel auf Facebook, Instagram und TikTok. Meine Argumentation war kurz und bündig:
„Bildschirmzeit hätte Lebenszeit sein können.“
Weltweit steuert die Menschheit auf eine kaum beachtete „Pandemie“ zu: Kurzsichtigkeit! Nur ein Beispiel: in Südkorea ergab die Untersuchung von 19-jährigen Rekruten, dass mehr als 96 Prozent mindestens minus 0,5 Dioptrien hatten. Jeder Fünfte war mit mindestens minus sechs Dioptrien schwer kurzsichtig. Auch in Deutschland freuen sich Fielmann & Co. über viele neue Kunden. Die Smartphone- und Social-Media-Sucht macht es möglich. Hinzu kommt noch ein wichtiger und fast schon existenzieller Grund einen großen Bogen um die sozialen Netzwerke zu machen oder wenigstens deren Gebrauch deutlich einzuschränken:
Filterblasen!
Viele gefühlte Wahrheiten, skurrile und absurde Weltbilder entstammen individueller Filterblasen. Wer sich nur einige Wochen in den sozialen Netzwerken tummelte, hat sich schon ganz nebenbei und völlig unbemerkt seine eigene digitale Scheinwelt aufgebaut. Die Algorithmen wissen nun ganz genau, mit welchen Themen der jeweilige User am wirkungsvollsten auf der Plattform zu halten ist. Vor allem Themen, die die Menschen in Rage bringen oder ihnen Angst einflößen eigenen sich ganz wunderbar, um ihnen Lebenszeit abzuknöpfen. Flüchtlingskrisen, Pandemien oder aufmüpfige Kinder wie Greta Thunberg eigenen sich exzellent, um die Menschen verbal aufeinander loszulassen. So wurde der Social-Media-Wutbürger konditioniert. Für ein paar Likes, und zustimmende Kommentare aus der linken oder rechten Extremisten-Ecke legt er sich so richtig ins Zeug und alle Anstandsregeln ab.
Deshalb nenne ich diese Medien nur noch asoziale Netzwerke, denn sozial ist anders.
Um also ein asoziales Netzwerk profitabel zu betreiben, gilt es den Menschen kostbare Lebenszeit abzukaufen. Die Menschen sollen nicht mehr miteinander sprechen. Sie sollen sich Nachrichten via Messenger und Kommentare schreiben. Die Menschen sollen sich auch nicht mehr die Zeit nehmen um Bücher, Zeitschriften und Zeitungen zu lesen. Sie sollen Fake-News konsumieren und weiterverbreiten. Auch der Kommentar unter einer solchen Fake-News, der darauf hinweist, dass es sich um haarsträubenden Unsinn handelt, hilft bei der Verbreitung kräftig mit. Kommentare sind Aufmerksamkeit und Aufmerksamkeit spült diesen geistigen Giftmüll in zahllose weitere Timelines. So werden weitere zustimmende oder ablehnende Kommentare provoziert. Der Plattform ist es egal, wer gerade wen verbal den Schädel einschlägt, sie ist immer der Gewinner. Den Algorithmen sei Dank.
Als Hardcore-Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel…
… könnte ich zahllose Geschichten erzählen, wie sich die asozialen Medien in unser Leben drängen, unsere Aufmerksamkeit überbeanspruchen und uns auf beängstigende Weise vom Wesentlichen ablenken. Egal wo ich in Deutschland einen Bus, eine Straßenbahn oder eine U Bahn betrete, die absolute Mehrzahl der Menschen starrt aufs Smartphone. Frankfurt Hauptbahnhof, der ICE Sprinter nach Berlin fährt ein. Neben mir steht ein geschäftiger Geschäftsmann, der eben noch am Bahnsteig lauthals in sein Smartphone brüllte. Nun schreibt er wichtige Social-Media-Botschaften auf Twitter. Das hatte er gerade noch in seinem Telefonat unüberhörbar angekündigt. Wir alle steigen in den Sprinter. Dieser wird uns ohne weiteren Halt direkt in die Hauptstadt bringen. Die Türen schließen, die Fahrt beginnt pünktlich. Nach Vollendung seiner Tweets, fragt der Typ in die Runde der Fahrgäste:
Das ist doch der Zug nach München?
Geradezu absurd ist es, dass Herr Zuckerberg keinen einzigen Beitrag schreiben oder bezahlen muss, denn Journalisten aus aller Welt stellen ihm ihre Arbeit kostenfrei zur Verfügung. Einer seiner genialsten Schachzüge war die Verbreitung der Legende von der Reichweite. Dieser Legende folgen nicht nur Journalisten mit Aufmerksamkeitsdefizit sondern ganze Unternehmen. Auch die Erweiterung der Reaktionsmöglichkeiten per Emoji waren ein genialer Coup. Mit „Daumen hoch“ und „Wut-Emoji“ kann man noch viel zielgenauer Profile der User erstellen. Was jemanden auf die Palme bringt, ist noch viel interessanter, als nur zu wissen was gefällt.
Was auch immer auf den Plattformen geschieht, die Plattform steht als Sieger fest.
Postet die halbe Vertriebsmannschaft einer Bausparkasse einen Beitrag zur Wohnungsbauprämie, so wird das Interesse und die Quote der Reaktionen auf so ein „Langweiler-Thema“ gering bleiben. Das schadet nicht und gibt den Bausparkassenleuten wenigstens das gute Gefühl etwas für ihr Geschäft getan zu haben. Postet jedoch die Social Media Abteilung einer Zeitung oder ein Redakteur über seinen privaten Account einen Artikel, dann kann die Post abgehen. Ist der Beitrag mit Schlagworten wie Merkel, Flüchtling, Vergewaltigung, Impfgegner, AfD, Veggie Day oder ähnliches angereichert, dann besteht eine gute Chance, dass schon bald die ersten Social-Media-Wutbürger anspringen. Selbst seriöse Verlage nehmen es bei ihren Social-Media-Beiträgen mit der Wahrheit nicht immer so genau. Ein kleines Wortspiel, ein kleines kalkuliertes Missverständnis kann im Rennen um Reichweite wahre Wunder bewirken.
Tausche zahlende Kunden gegen Likes!
Kurzum: Verlage helfen mit ihren Social-Media-Aktivitäten den Plattformen wie Facebook & Co. den Menschen Zeit abzuknöpfen, sie auf ihren Plattformen zu binden und so umfangreiche Daten zu sammeln mit denen zielgenaue Profile erstellt werden. Das ist das Material mit dem die sozialen Medien das Anzeigengeschäft der Verlage seit Jahren erfolgreich angreifen. Die Social-Media-Abteilungen der Verlage sind dabei wichtiger Kooperationspartner von Zuckerberg und Kollegen.
Ist es das wirklich alles wert?
Nehmen wir einmal an das Social Media Team eines Verlages hat es geschafft mit einem kostenlosen Artikel durch die Decke zu schießen und viral zu gehen. Wie viele Redakteursgehälter kann man mit Likes, Kommentaren und Seitenaufrufen finanzieren? Wer etwas vom Verkauf an vorderster Abo-Front versteht, weiß dass dieser vermeintliche Erfolg ein klassisches Eigentor ist. Haltbare und voll bezahlte Abos werden von keinem Verlag in relevanter Größenordnung über Social Media gewonnen. Alle machen mit, weil alle mitmachen. Das ist der einzige Grund. Der „Leser“ auf Facebook überfliegt im besten Fall den Artikel. Die allermeisten lesen nur Überschrift und Teaser. Danach sondert der gemeine Social-Media-Nutzer spontan seinen mehr oder weniger qualifizierten Kommentar ab.
Viele lesen ausschließlich die Kommentare.
Und schon hat Mark Zuckerberg seinen Daumen wieder ganz nach oben gestreckt, denn die Menschen sind auf seiner Plattform. Sie verbringen ihre Zeit bei ihm und hinterlassen riesige verwertbare Datenmengen. Verlage die noch nicht einmal ein zeitgemäßes CRM haben und sich mit Excell „durchwurschteln” sind ganz weit weg von Zuckerbergs „Datenkraken-Liga“. Jeder kostenlose Artikel kostet bezahlte Abos. Abonnements die entweder deshalb gar nicht erst abgeschlossen werden weil man ja im Netz alles kostenfrei bekommt oder die, die aus gleichem Grunde gekündigt werden.
Wer erfolgreich eine Zeitung, Zeitschrift oder Anzeige verkaufen will, muss den Menschen Zeit abkaufen!
Genau deshalb steht man als Verlag in unmittelbarer Konkurrenz zu den (a)sozialen Netzwerken. Diese gefährliche Konkurrenz auch noch kostenfrei mit erstklassigen Inhalten zu „füttern“ ist mehr als absurd. Statt Zeit und Arbeitskraft mit Social-Media-Aktivitäten zu vergeuden, sollte in den Aufbau einer verlagseigenen Profi-Verkäufermannschaft investiert werden. Hauptberufliche Abo-VerkäuferInnen die fünf Tage die Woche Abonnenten gewinnen und Kündiger zurückgewinnen. Profis, die Kunden mit Argumenten überzeugen und nicht mit Prämien bestechen. Diese VerkäuferInnen „fahnden“ in ihren Verkaufsgesprächen nach möglichen Zeitfenstern fürs Lesen und machen diese dem neuen Abonnenten nutzbar. Es braucht solche Profis um neue Kooperationspartner für den Abo-Vertrieb zu akquirieren. Diese Sales Manager pflegen zu Kunden sowie Geschäftspartnern echte Beziehungen im richtigen Leben. Nicht nur virtuell!
Im Lockdown wird der Beweis erbracht. Die Aboverkäufe steigen und dafür gibt es zwei ganz triviale Gründe:
- Die Menschen haben im Lockdown mehr Zeit als ihnen lieb ist.
- Die Menschen sind für den telefonischen Aboverkauf so gut erreichbar wie sonst nie.
Der in Berlin lebende Philosoph Byung-Chul Han liefert Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen das alternative Geschäftsmodell zum Social-Media-Irrweg:
„Heute gibt es nicht einmal Wissen, sondern nur Information. Wissen ist etwas ganz anderes als Information. Wissen und Wahrheit klingen heute sehr veraltet. Wissen hat auch eine ganze andere Zeitstruktur. Es spannt sich zwischen Vergangenheit und Zukunft. Und die Zeitlichkeit der Information ist die Gegenwart, das Präsens. Wissen beruht auch auf der Erfahrung. Ein Meister verfügt über Wissen. Heute leben wir mit einem Terror des Dilettantismus.”
Das ist die Chance für Zeitungs- und Zeitschriftenverlage
Nicht der Handel mit nackten Informationen, kann das Geschäftsmodell der Zukunft sein. Es ist der Handel mit Wissen. Die Social-Media-Wutbürger auf Facebook und Twitter haben kein Interesse an Wissen und würden niemals dafür bezahlen. Wissen entspannt sich zwischen Vergangenheit und Zukunft? Facebook hat keine Vergangenheit, unsere Verlage schon. Wissen beruht auch auf der Erfahrung? Verlage und ihre reiferen MitarbeiterInnen verfügen über einen gigantischen Erfahrungsschatz und dieser ist noch längst nicht wertlos. Auch wenn uns das die Digitalisierungsgurus an ihren Kristallkugeln immer wieder einzureden versuchen.
Verlagseigene Abo-VerkäuferInnen
Im Kampf um die Zeit der Leser, um Lesezeit für Zeitungen und Zeitschriften, ist es nicht nur sinnlos, sondern sogar gefährlich ausgerechnet die (a)sozialen Netzwerke mit hochwertigen Inhalten zu versorgen. Ein solches Vorgehen entzieht der Zeitung kostbare Leserzeit und bindet die Menschen an Facebook, nicht an die Zeitung. Ein Meister verfügt über Wissen. Und das ist ein erstklassiges Verkaufsargument für eine Zeitung oder Zeitschrift, die pure Information in Wissen transferiert. Mit hauptberuflichen Profi-Abo-VerkäuferInnen bekommen Verlage diese PS auf die Straße und in zählbare Abos gewandelt. Zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk.
Hier zwei Buch-Empfehlungen zum Thema:
Mein erster Monat ohne (a)soziale Netzwerke: https://der-kontaktexperte.de/mein-erster-monat-ohne-asoziale-netzwerke
Prof. Dr. Lesch bringt es auf seine unverwechselbare Art auf den Punkt!
https://www.youtube.com/watch?v=z0uRzkZuVuM&t=10s