Wer damit beginnt, sich mit Führung und dem besten Führungsstil zu beschäftigen, fällt wie im Märchen von Frau Holle und Goldmarie in einen tiefen Brunnen. Nicht um darin zu ertrinken, aber um sich auf wundersame Weise in einer „Schwarz-Weiß-Welt“ wiederzufinden. In dieser schwarz-weißen Welt herrscht die Diktatur des „Entweder-Oder“. Das „Sowohl-Als-Auch“ wurde vernichtend geschlagen und verbannt. Führungsstile gibt es wie Sand am Meer, welcher wird der Ihrige?

Am 15. Dezember 1993, es war mein 27. Geburtstag, bestand ich mein erstes Assessment Center und wurde zum bis dahin jüngsten Bezirksdirektor beim BHW (heute Postbank Finanzberatung) ernannt. Wenn ich also zum Thema Führungsstile schreibe, dann tue ich das nicht als CEO eines Dax Unternehmens oder als Founder eines hippen Startups, sondern ganz bescheiden als eine Art Handwerker, der als junger Mann ohne Einarbeitung und ohne die geringste Führungserfahrung ins kalte Wasser einer Führungsposition halb gestoßen wurde und halb selbst gesprungen ist. Das hat den Vorteil, dass ich mich nicht mit der Aura eines „Führungsorakels“ umgeben muss, welches hier den neuesten Führungstrend für das neue Jahrtausend verkündet.

Willkommen in der schwarz-weißen Welt der Führungsstile

Wer bei Amazon oder in seiner Lieblingsbuchhandlung nach Büchern zum Thema Führung und Führungsstile Ausschau hält, wird von einer gigantischen und erdrückenden Bücherflut überrollt. Zwischen beachtlich guten No-Name-Autoren und Führungsgottheiten wie Peter F. Drucker, Jack Welsch, Fredmund Malik und Reinhard K. Sprenger tummeln sich auch zahllose Scharlatane mit kruden Thesen die bis hin zu Tschakka und tief in die Esoterik reichen. Ich war viele Jahre ein fleißiger Leser derartiger Ratgeber und meine private Führungsbibliothek wuchs rasant an. Im Rückspiegel betrachtet waren Sprengers Bücher für mich die relevantesten.

Es wird ja schon immer viel darüber schwadroniert, dass sich unsere Welt im Expresstempo verändert. Es kommen stets neue Führungsstile von entsprechender Literatur begleitet dazu. Diese werden uns meist hübsch verpackt als „DER Megatrend“ verkauft. Dabei fällt mir eine Konstante auf: Die „Schwarz-Weiß-Welt“ mit Ihrer „Entweder-Oder-Diktatur“ bleibt von Bestand. So steht dem autokratischen Führungsstil der kooperative unversöhnlich gegenüber. Autoritär versus demokratisch und bürokratisch kontra charismatisch. Laissez faire als Feind des situativen Führens. Dieses „Schwarz-Weiß-Schema“ teilt je nach Geschmack und Neigung des Betrachters, Führung gleichsam in gut und böse. Das „Sowohl-Als-Auch“ ging längst verloren.

Führung wurde zur Ideologie. Die Führungsstile auch.

So logisch und schlüssig die einzelnen Führungsstile für sich betrachtet auch erscheinen mögen, als Schablone für den Führungsalltag taugen sie nicht. Egal wie sympathisch und modern sie dem aktuellen Zeitgeist auch entsprechen mögen, hilfreich sind diese „Schwarz-Weiß-Vorlagen“ nur selten. Schon öffnet sich das Füllhorn und ein ganz besonderer Führungsstil für ganz außergewöhnliche Führungserfolge rieselt auf uns herab: Demnach ist es möglich jeden Mitarbeiter im Unternehmen mit dem für ihn individuell passenden Führungsstil zu beglücken. Führung by Chamäleon? Bei Betriebsgrößen von bis zu zehn MitarbeiterInnen ist das vielleicht noch zu leisten, wenn der Unternehmer ein Genie ist. Sollte der Laden größer sein, melde ich Zweifel an.

Der Weg zum eigenen Führungsstil

Auf dem Weg zu meinem eigenen Führungsstil habe ich aufgehört mich durch die verschiedenen Führungsstile zu kämpfen und statt dessen für mich einfache Grundsätze nach und nach herausgearbeitet. Diesen bin ich auch heute noch treu, denn als Trainer führe ich für eine gewisse Zeit meine TrainingsteilnehmerInnen durch die Trainingseinheiten und Projekte. Bei Sprenger las ich einst: „Wähle, was Du tust, dann tust Du immer, was Du gewählt hast.“ Das beziehe ich weniger auf die anderen, dafür mehr auf mich selbst. Mit diesem Grundsatz lebt es sich völlig jammer- und klagefrei.

»Je älter ich werde, umso weniger achte ich darauf, was die Menschen sagen – ich achte darauf, was sie tun.« Andrew Carnegie

Menschen wollen Sicherheit. So wie es aussieht, wird sich dieser Wunsch auf dem Weg in die digitale Gesellschaft weiter verstärken. Deshalb erkläre ich MitarbeiterInnen und TrainingsteilnehmerInnen immer, dass ich sehr gut zuhöre, was sie mir erzählen und berichten. Ich erkläre aber auch, dass ich mir ganz genau anschaue, welche Schnittmenge zwischen dem was gesagt und dem was getan wurde, entsteht. Mir fällt immer wieder auf, dass die stillen Leistungsträger in den Unternehmen und Behörden, welche einfach nur einen sehr guten Job machen und nicht so viel Aufsehen erregen, seltener bei Karrierechancen und Boni Beachtung finden. Schaumschläger und Blender präsentieren sich gerne mit großen Ankündigungen, denen kaum Taten, geschweige Ergebnisse folgen. Die Schnittmenge zwischen Ankündigung und Umsetzung muss nicht immer 100 Prozent betragen, darf aber auch nicht inakzeptabel gering sein. Um das griffiger zu haben, bietet es sich an für jede Aufgabe grundlegende Leistungsstandards festzulegen.

»Vertraue auf Gott, aber binde dein Kamel fest.« Arabisches Sprichwort

Daraus ergibt sich mein wichtigster Grundsatz: Wissen statt vermuten! Ich muss wissen und darf nicht nur vermuten, ob meine MitarbeiterInnen oder TrainingsteilnehmerInnen können, was sie können müssen, um erfolgreich ihre Aufgaben zu erfüllen. Ich muss wissen und darf es nicht nur vermuten, ob sie auch wirklich das tun, was getan werden muss, um ihre Ziele zu erreichen. Die Einarbeitung eines neuen Mitarbeiters ist erst dann abgeschlossen, wenn dieser alles kann, was er können muss, um seine Aufgaben erfolgreich zu erfüllen. Dieser Aufwand lohnt sich, denn haben sich erst falsche Vorgehensweisen, Abläufe und Formulierungen eingeschliffen, dann ist es deutlich schwieriger diese wieder abzustellen, als es gleich richtig zu lernen.

Hat also ein Vertriebsmitarbeiter neben der Betreuung von langjährigen Bestandskunden auch die Aufgabe neue Kunden zu akquirieren, dann müssen sich in seinem Kalender entsprechende Aktivitäten finden lassen. Sollte ich als Führungskraft nur vermuten, dass das mein Vertriebsmitarbeiter weiß und auch tut, kommt das schmerzhafte Erwachen unter Umständen erst dann, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist. Das ist die Stelle an der die New-Work-Romantiker und Agile-Tagträumer aufschreien. Sie halten ein solches Vorgehen für ganz schrecklich böse und vor allem für destruktive Kontrolle.

»Werte kann man nicht lehren, sondern nur vorleben.« Victor Frankel

Übertragen wir die Situation in den Leistungssport. In dieser kleinen Geschichte gibt es einen Trainer und einen Hochspringer. Welcher Sportler träumt nicht davon Weltmeister, Olympiasieger oder gar beides zu werden? Im Wettkampf ist der Hochspringer weitestgehend auf sich allein gestellt. Das sind Verkäufer beim Kunden auch. Die Aufgabe des Trainers besteht nun darin sicherzustellen, dass der Athlet Kondition und Sprungtechnik so verfeinert und professionalisiert, dass es für die Weltspitze reicht. Dazu muss der Trainer nicht besser und höher als sein Schützling springen können. Er muss aber wissen worauf es ankommt, um ganz oben mitzuspielen. Er muss wissen ob, wann und wie intensiv der künftige Olympiasieger trainiert. Das geht nicht aus der Ferne, per E-Mail oder über Whatsapp. Ist das anstrengend? Die Antwort lautet: Ja!

Der Weg zum eigenen Führungsstil erfordert Durchhaltevermögen

Der Blick vom Siegertreppchen lässt jedoch alle Mühen und Schmerzen vergessen. Führen mit Zielen ist ganz bestimmt nicht falsch, ist aber auch nicht auf vollautomatische Art und Weise per se richtig. Selbst wenn die Ziele einvernehmlich vereinbart wurden, heißt das noch lange nicht, dass der Mitarbeiter auch kann, was er können muss, um diese Ziele zu erreichen. Er kann aus verschiedenen Gründen behaupten es zu können. Er glaubt es vielleicht sogar selbst. Es kann sich aber auch nur um eine gefühlte Wahrheit handeln. Kann der Mitarbeiter, was er können muss, um seine Ziele zu erreichen, dann stellt das noch keine Garantie dar, dass er es auch tut. Das muss noch nicht einmal böse Absicht sein. Vielleicht ist auch das Aufkommen an E-Mails, Seminaren und Meetings im Unternehmen so hoch, dass die Prioritäten aus dem Blick geraten.

Das Angebot an Führungsstilen, Führungstechniken, Führungsliteratur, Führungsseminaren, Webinaren & Co ist heute so erdrückend und verwirrend groß wie noch nie zuvor. Hinzu kommt die Flut an Podcasts und Video Botschaften, die sich über die (a)sozialen Netzwerke, wie Facebook, LinkedIn & Co, direkt auf unsere Smartphones ergießen. Die Angebote reichen von seriös bis abartig. „Manipulation – Ich führe Dich: Die 7 wirkungsvollsten Manipulationstechniken um genau zu bekommen was Sie wollen.“ Oder besonders herzergreifend in Form eines Nachrufs: „Der Chef, den ich nie vergessen werde…“. Kein Scherz! Ganz besondere Vorsicht ist bei Ratgebern angezeigt, die offensichtlich an einer Kristallkugel abgelesen wurden und uns in die Zukunft der Führung einweihen.

»Nur wenige Menschen sehen ein, dass sie letztendlich nur eine einzige Person führen können und auch müssen. Diese Person sind sie selbst.« Peter F. Drucker

Führung ist kein Modetrend. Führungsstile erst recht nicht, denn die sind sehr individuell. Wer sich auf den Weg begibt, seinen eigenen Führungsstil zu entwickeln und zu finden, sollte auf zeitraubende Umwege wie Hypes und Trends verzichten. Ich kann nur dringend raten, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Auch als einflussreiche Führungskraft, haben Sie den größten Einfluss auf sich selbst. Egal was Sie tun und wie Sie es tun, seien Sie für die Menschen in Ihrem Umfeld kalkulierbar. Gern auch im besten Sinne hart, aber berechenbar.

»Ein edler Mensch zieht edle Menschen an und weiß sie festzuhalten« Johann Wolfgang von Goethe

Ich werde oft gefragt welche Literatur ich zum Thema Führung empfehle. Meine Antwort überrascht viele, denn meine Empfehlung lautet: lesen Sie Biografien von außergewöhnlichen Menschen, wie zum Beispiel Berthold Beitz, Marcel Reich-Ranicki oder Hannah Arendt. Lassen Sie sich inspirieren und stellen Sie sich die Frage, für was Sie stehen wollen. Wollen Sie eine dieser „Sonnenschein-Führungskräfte“ sein, die nur gut gelaunt mit Motivationskalendersprüchen um sich werfen, solange die Geschäfte perfekt laufen? Wollen Sie einer dieser Typen sein, die sich sofort bissig, böse, hektisch und völlig unberechenbar verhalten, sobald die Umsatzzahlen mal schlechter aussehen als sonst? Oder wollen Sie zu denen gehören, die sich auch in schwierigen Zeiten an bereits gemeinsam erreichte Erfolge erinnern? Die aufgrund vorübergehend schlechter Ergebnisse nicht sofort alles und jeden in Frage stellen. Die klug, besonnen, ausdauernd und mit aller Kraft gemeinsam mit ihrem Team an den Problemen arbeiten, bis die beste Lösung gefunden wurde.

Steht Ihr Führungsstil für Management by Strohfeuer oder für kluges nachhaltiges Handeln?

Der Ratschlag, dass man sich als Führungskraft für die Menschen wahrhaft interessieren soll, hört sich ganz sicher gut an, aber was heißt das konkret im Arbeitsalltag? Wie ist das umsetzbar und wo sind die Grenzen? Meiner Erfahrung nach verwechseln die wichtigsten Leistungsträger in den Unternehmen ihre Arbeit nicht mit ihrer Familie. Sie wünschen sich klare Verhältnisse, gern auch deutliche, verbindliche Ansagen vom Chef. Die Leistungsträger verzichten gerne auf die oberflächlichen Annehmlichkeiten des „New-Work-Kindergartens“. Guten MitarbeiterInnen reicht es nicht aus, wenn man einfach frischen Puderzucker über alte Probleme streut, ohne diese zu lösen. Wer Leistungsträger halten oder an Bord holen will bietet ihnen am besten eine Leistungspartnerschaft auf Augenhöhe. Das ist einfacher als es sich anhört, denn Zusammenarbeit heißt zusammen arbeiten. Nicht mehr und nicht weniger.

Eine Bäckerei stellt Backwaren her und verkauft diese. Ein Zeitungsverlag bringt mindestens eine gute Zeitung heraus und erzielt damit Einnahmen und Gewinne. Beide Geschäftsmodelle funktionieren solange es Kunden gibt, die fürs jeweilige Produkt gerne zahlen. Der Unternehmenszweck ist es also, den Kunden den größtmöglichen Nutzen und Genuss zu bieten. Die Zusammenarbeit aller dient diesem gemeinsamen Ziel. Was der Redakteur schreibt, erhält erst dann seinen Wert, wenn die Zeitung pünktlich beim Leser ankommt. Die Backwaren werden erst dann zum erlebten Genuss, wenn es die Verkäuferin in der Filiale schafft, sie bei bester Frische zu verkaufen.

»Gut getan ist besser als gut gesagt.« Benjamin Franklin

Sicher ist es kein Fehler über Führung und Führungsstile zu reden. Das machen aber schon so viele, dass ich da nicht auch noch mitmachen muss. Deshalb biete ich auch keine speziellen Führungsseminare an. Ich bin Trainer in der Praxis. Führung wird in meinen Projekten ganz praktisch gelebt. Lautet der Auftrag neue Mitarbeiter zu finden, dann tüfteln wir solange an unseren Rekrutierungsmaßnahmen, bis diese funktionieren und ausreichend Bewerber gefunden werden. Das Auswahlverfahren und die Einarbeitung folgen. Danach ist allen klar, worauf es ankommt, damit die beste Auswahl an Bewerbern zur optimalen Einstellung neuer Mitarbeiter führt.

Bei der Gewinnung neuer Kunden läuft das ähnlich. Wo, wann und vor allem wie können Neukunden am effektivsten kontaktiert werden? Wie erreichen wir ein hohes Maß an Verbindlichkeit? Unverbindliche Leads, die irgendwie aus dem Internet gefischt wurden, haben nur einen geringen Wert. Kunden die meinen, für 2995 Euro eine hochwertige Einbauküche oder für 998 Euro eine Weltreise buchen zu können, überlasse ich gern meinen Konkurrenten. In meinen Trainings entsteht so erfahrungsbasiertes Wissen, um erfolgreich führen zu können.

»Es ist sinnlos zu sagen: Wir tun unser Bestes. Es muss dir gelingen, das zu tun, was erforderlich ist.« Sir Winston Churchill

Fast jeder (Vertriebs)Prozess lässt sich in Form eines Trichters darstellen. Was und wie viel muss ich oben in die breite Öffnung geben, damit an der unteren Mündung des Trichters das gewünschte Ergebnis herauskommt?

Habe ich diese Werte definiert, kann ich genau festlegen was, wann wie oft getan werden muss, um mein Ziel zu erreichen. So ist das K2-Cockpit entstanden. Ein einfaches Führungsinstrument, was Führung im Alltag wieder einfach macht, weil es sich auf simple Weise auf die wichtigsten Parameter im jeweiligen Vertriebsprozess konzentriert und diese nach dem Prinzip einer Verkehrsampel anzeigt. Weil Führungsstile so individuell sind, lässt sich das K2-Cockpit an die unterschiedlichen Führungsstile ganz einfach anpassen. Grün zeigt an, dass die Leistungsstandards, die erfüllt werden müssen, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen organisiert sind und optimal laufen. Steht ein Erfolgsparameter auf gelb, kann sofort und ohne Hektik am Problem gearbeitet werden, um es in Ruhe zu lösen. Hier zeigt sich Führung nach dem einfachen Prinzip: Zusammenarbeit heißt zusammen arbeiten.

Eine rote Ampel, also ein gravierendes Problem, entsteht nur noch in außergewöhnlichen Situationen oder wenn sich die Führung über Tage und Wochen hinweg im Tiefschlaf befindet. Das K2-Cockpit vermeidet also, dass das Kind zum Beispiel am 12. des laufenden Monats in den Brunnen fällt und das erst im Vertriebsmeeting am Monatsende jemandem auffällt. Dann ist es zu spät für eine konstruktive Korrektur und man kann nur noch über verschüttete Milch weinen. Der Nobelpreisträger Albert Schweitzer sagte einst: »Ein Beispiel zu geben ist nicht die wichtigste Art, wie man andere beeinflusst. Es ist die einzige.« In diesem Sinne viel Glück, Inspiration, Ausdauer und Durchhaltevermögen auf dem Weg zum eigenen Führungsstil.

 

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